Christine Neuerburg

Texte und Reden

Vorwort Katalog "Poesie der Sehnsucht", Mai 2019

Dr. Gabi Rüth

Ode an die Dinge

Ich liebe die Dinge über alles,
alles.
Ich mag die Zangen,
die Scheren,
ich schwärme
für Tassen,
Serviettenringe,
Suppenschüsseln -
vom Hut
ganz zu schweigen.

Ich liebe
alle Dinge,
nicht nur
die höherstehenden,
sondern
auch
die unendlich
kleinen,
den Fingerhut,
Sporen,
Teller,
Vasen. (…)

Pablo Neruda

 

Auf ein Wort –
Gedanken zu Christine Neuerburgs künstlerischem Schaffen

Wasser und Öl sind Gegensätze. Unvereinbar, heißt es. Christine Neuerburg hebt kurzer Hand den Antagonismus auf. Sie nutzt die spezifischen Qualitäten derÖlfarbe, um das Meer zu malen. Sie spielt mit den Möglichkeiten des Öls, um Wasser zu bannen. Den Moment, in dem eine Welle bricht. Seestücke  lautet der Titel einer Werkserie. Christine Neuerburg will es präzise wissen – und exakt malen: Wie genau ist der Verlauf einer Welle? Auf welche Weise entsteht sie, bäumt sich auf, bevor sie wieder abebbt? Welche Farben haben die kleinsten Gischttröpfchen? Wie wirkt sich der Wind aus? Welche Lichtreflexe erscheinen wann an welcher Stelle? Welche Farbnuancen hat der Boden der Welle? Es gibt einen Wechsel von Blau zu Grau und umgekehrt. Schwarz mischt sich dazu, auch Braun. Und ohnehin ist Blau nicht gleich Blau. Um diese Feinheiten und Schattierungen, die Abstufungen in allen Details festzuhalten, setzt Christine Neuerburg auf Ölfarbe. Sie schätze die Sensibilität der Farbe. Öl lässt das Licht durchscheinen, Öl ermöglicht, sanfte Übergänge zu malen. Öl habe eine unvergleichliche Leuchtkraft, sagt sie. Beleg sind nicht zuletzt die Seestücke. Sie leuchten – nicht von außen, sondern von innen.

Die Meeresbilder sind naturalistisch, keine Frage. Sie sollen es sein. Voraussetzung für diese Art des Malens ist die Beobachtung. Christine Neuerburg verfügt über viel Ausdauer und einen langen Atem. Sie speichert Gesehenes, auch Gehörtes, auch Gerochenes auf Papier und in ihrem Kopf, um die realen und virtuellen Skizzen im Atelier abzurufen und sie – wie in den Seestücken – in Öl auf Holz zu bannen. Mit ruhiger Hand und ruhigem Geist. Malen als Akt der Kontemplation. So entstehen ihre Studien. Das heißt: Christine Neuerburg setzt die Wellen nicht in Szene, vielmehr überlässt sie dem Meer die Inszenierung. Ihre Wellen sind weder Symbol noch Metapher, jedenfalls sind sie nicht primär als solche geplant. Verweise, mythologische Unterfütterungen, Gedanken an Meerjungfrauen und Seeungeheuer sind möglich, aber nicht notwendig. Genau hierin liegt die Qualität. Eine Welle ist eine Welle ist eine Welle. Christine Neuerburg versammelt in den Seestücken eine Typologie der Wellen. Es geht ihr um das Wesentliche, besser noch: um das Wesen der Wellen. Das sucht sie zu ergründen und malerisch zu fassen. Immer aufs Neue. Das verlangt Hingabe ans Handwerk des Malens. Um es pointiert zu formulieren: Neuerburg hat die Schule der alten Meister durchlaufen. Ihre Bilder sind Verbeugungen an die Kollegen und Kolleginnen aus früheren Zeiten.

Sie liebt das Haptische an ihrem Beruf, die Materialität, den Umgang mit Farben, Pinseln, Leinwänden. Sie fühlt, spürt, sieht, was wie möglich ist. Sie sucht die Grenzen ihres Mediums zunächst auf buchstäblich handfeste Weise. Ästhetisch betrachtet, setzt sie auf den ursprünglichen Wortsinn dieser Disziplin: Ästhetik, abgeleitet vom griechischen Wort aisthetikos, die Sinne, die Wahrnehmung betreffend. Das steht für Christine Neuerburg am Beginn jeder künstlerischen Arbeit. Alles andere mag folgen, muss aber nicht.  

Auch die Wespen, denen die Künstlerin eine eigene Werkgruppe spendiert hat, sind nach der Natur gemalt, wie eine gängige Formulierung lautet. Abermals setzt Christine Neuerburg auf  die Qualität der Ölfarbe. Lasur folgt Lasur. Geduld und Behutsamkeit sind gefragt. Die Pinselstriche sind zart, um die Durchsichtigkeit der Flügelhäute bis in die äußersten Spitzen zu fassen. Auch die Beinchen, mit denen sich die Wespen auf einem schwer zu identifizierenden Hintergrund (eine Holzwand vielleicht, sonnengebleicht, in Grautönen changierend?) festhalten oder aber sich abstoßen, um zum Flug anzusetzen. Nebenbei bemerkt: In dieser Art des Malens spiegelt sich auch Christine Neuerburgs künstlerische Haltung, die gekennzeichnet ist von Achtung und Respekt – auch einer Wespe gegenüber. Diese Wespen sind, man merkt es vor lauter Faszination für Fühler und Taillen gar nicht auf Anhieb, überlebensgroß. Eine surreale Anmutung hält Einzug. Der Eindruck verstärkt sich beim Studium eines Bildes, auf dem mehrere sorgsam arrangierte Artischocken in einer seltsamen Farbe zu sehen sind: Blau? Grau? Changierend? Irisierend? Jedenfalls scheinen die Früchte zu schweben. Nimmt man eine Komposition wie Warten auf die Ankunft der Könige hinzu, in der Neuerburg ein Kamel und eine Laterne auf einem Strand arrangiert, oder betrachtet das Bild Durchzug I, auf dem ein Schwan aus dem Innern eines lichtdurchfluteten Zimmers (oder brennt es?) in die Dunkelheit fliegt, besteht kein Zweifel mehr an der Affinität der Künstlerin für surreale Szenarien. Und so grüßt nun auch von Ferne René Magritte. Die Wolken, die in Durchzug II durch die Fenster eines Hauses ziehen, falls es denn ein Haus ist, hätten ihm gewiss gefallen.   

Weder die Wespen, die wie überdimensionierte Flugkörper wirken, noch der mächtige Tiger, der von einem Strandspaziergang zurückzukehren scheint, haben etwas Bedrohliches. Horror, Schrecken, apokalyptische Entwürfe finden in ihrem Kosmos keinen Platz. Doch wenn das Diktum von der absoluten Freiheit der Kunst gilt, gilt es auch für eine Künstlerin wie Christine Neuerburg, die sich bewusst und beharrlich dem Schönen verschrieben hat. Auch sie möchte die Welt zum Positiven ändern, aber mit ihren Mitteln. Wenn sie etwa das flüchtige, nur über die Oberfläche wischende Sehen entschleunigt und neu justiert. Wenn sie Bildkompositionen schafft,  in denen utopische Entwürfe aufscheinen. Christine Neuerburg setzt Kontrapunkte. Gut so.

Dr. Gabi Rüth
Literaturwissenschaftlerin, Journalistin

Von Seefahrern, Narren und anderen Helden

Sissi Fiedler, Kuratorin

Ausstellungsansicht SeefahrerAusstellungsansicht SeefahrerAusstellungsansicht SeefahrerAusstellungsansicht Seefahrer

Das Auge sieht, was es sucht
Max Slevogt

Was haben ein Pinguin in einem Lieferwagen, ein Löwe im Theater und ein Narr auf einem roten Sofa gemeinsam? Sie alle erzählen jeweils eine Geschichte...und genauso ist es bei zahlreichen anderen Gemälden der Künstlerin Christine Neuerburg: Tiere in ungewöhnlicher Umgebung, Früchte, die schweben, Narren und Schellen, große und kleine, zwischen Himmel und Meer...Ja, immer wieder sehen wir Szenen am Meer, zwischen Realität und Fantasie. Das Meer mit seinen immerfort sich ändernden Farben und Formen ist ein zentrales Thema der Künstlerin. 

Wer sich den Bildern öffnet, der erlebt viel, kann teilhaben an Geschichten von „Seefahrern, Narren und anderen Helden“... Ein zweiter Schwerpunkt im Werk von Christine Neuerburg ist die genaue Naturbeobachtung .Neben Quitten gilt seit geraumer Zeit ihre besondere Aufmerksamkeit den Kastanien: sie zeigt sie als vielfach vergrößerte „Prunkstücke“ einzeln auf samtig-dunklem Hintergrund - wodurch sie wiederum etwas Surreales bekommen, wie seltsamschöne Planeten im dunklen Weltenraum...

Diese Kunst trifft einen Nerv der Zeit, wie mir scheint, sie kommt der Sehnsucht nach dem Schönen und Heiteren in der Kunst entgegen wie man den Eintragungen im Gästebuch der Künstlerin entnehmen kann:

„...Die Bilder lassen es warm um mein Herz werden. Man kann so schön in ihnen spazieren gehen...“

„....Danke für die Einladung in die Welt der Fantasie! Das ist das, was wir brauchen: zauberhaft, fantastisch und leicht.“

...„Selten hab ich Bilder gesehen, die mich so freudig erregt, zum Schmunzeln und Lachen gebracht haben. Bilder von wunderbarer Leichtigkeit, gepaart mit hintergründigem Humor...irre, absurde Sequenzen, köstlich, witzig und amüsant, entsprungen der überbordenden Fantasiewelt der Künstlerin. Altmeisterlich gemalt, der
Schwere enthoben, entführen sie in fantastische Traumwelten. Alltägliches erscheint neu und wird auf eine transzendente Ebene gebracht. Alles ist klar und logisch in seiner Absurdität...“

Gehen Sie auf Entdeckungsreise, finden Sie den Narr in sich oder Ihren persönlichen Helden!

Wien, im Mai 2012

Katalogvorwort im Katalog zur Ausstellung

Die Poesie der Dinge

Marianne Jensen

Marianne JensenAusstellungsansicht Poesie der Dinge

„Verweile doch - du bist so schön!” sagt Chrisitine zum Augenblick und sie weiß doch genau, dass er nicht verweilt, dieser gute Moment dass gleich der nächste Augenblick da ist und etwas Anderes von ihr fordert als zu verweilen: Alltagsansprüche, das ganz normale Leben eben.

Aber sie bleibt dabei - die Sehnsucht bleibt - sie möchte all die Schönheit bei sich halten und mit ihr tanzen, im Tanz eins werden - sein - jetzt sein - verbunden mit dem Ewigkeitsversprechen des Augenblicks. Und verzeifelt, also zweigeteilt zwischen dem „eigentlich-sollte-ich” und dem „ich-möchte-doch-so-gerne” sucht sie nach Auswegen, nach Wegen, auch die Träume zu leben.

Im Traum ist alles möglich, Zeit und Raum haben dort eine ganz andere Dimension, Unmögliches passiert einfach, Grenzen sind aufgehoben, Wände öffnen sich, Tote leben, Kastanien fallen nicht. Sie fliegen, erheben sich in die Lüfte und trotzen dem Aufprall auf den harten Boden der Realität, sehen die Welt an aus der Perspektive eines Vogels.

„Verweile doch, du bist so schön”, sagt sie zum Augenblick. Und manchmal, wenn sie sich zurückzieht aus dem Gewusel des Alltags, zurück in die Stille, dorthin, wohin all die schrillen Stimmen der Vernunft und des „Eigentlich!” nicht dringen, dann gelingt es ihr tatsächlich: Dann verweilt er, dann gibt sie sich ihm ganz hin, sie wird leicht, hört auf zu funktionieren - tut, was sie tun muss.

Und heute, am 1.Mai, dem Tag der Arbeit, macht sie etwas Ungeheuerliches: Sie öffnet die Tür zu diesem Raum und lässt uns teilhaben, ermutitgt uns - ja: Sie beweist uns, dass man den Augenblick zum Verweilen bringen kann - und wie schön die Spuren dieses Verweilens sind. Um das zu tun, muss man hart arbeiten. Da kommt der 1.Mai gerade Recht - zur Würdigung dieser Arbeit. Denn das ist etwas ganz Anderes. Da müssen Rahmen und Kästen gebaut, fliegende Wörter festgeklebt werden, umd etwas zu fassen, das eigentlich nicht zu fassen ist.

Warum tut sie sich das an? Warum verlässt sie ihren ganz eigenen stillen Spielraum, warum verwendet sie so viel Mühe und Anstregung auf das „sich-der-Öffentlichkeit-stellen”, sich fremden Blicken auszusetzen? Um womöglich Kritik oder Unverständnis zu begegnen? Sie weiß doch gar nicht, wie wir reagieren, es könnte doch auch sein, dass durch diesen Schritt plötzlich kein Augenblick mehr verweilen will, dass aus Träumen Alpträume werden, aus der Leichtigkeit des Spiels harte Verpflichtung.

Von einer Künstlerin wird eben verlangt, dass sie auch Ausstellungen macht. Sie setzt ihre Kunst der Bewertung aus, dem Vergleich. Ja, und sie tut es dennoch. Es gibt kein zurück mehr, denn sie will, dass wir teilhaben, dass das, was sie entdeckt, gesehen, erlebt hat, was ihr geglückt ist - das all das auch Bestand in der Welt hat, die Welt um diese Note reicher macht, dass dieser Reichtum zugägnglich für andere wird.

Es ist möglich, den Augenblick zum Verweilen zu bringen, wenn du liebst, was du tust; wenn du plötzlich innehälst und bemerkst, wie schön etwas ist; wenn ein Wort eine neue Bedeutung bekommt; wenn das, was wir am allerliebsten tun, wovon wir machmal nur in der Stille träumen, einen Platz in der Realität bekommt. So wie Christines Kunst an diesen Wänden.

Dafür danken wir Dir.

Und wenn unsere Teilhabe Dich ermutigt, einfach weiterzumalen und all den kleinen Dingen und Momenten einen würdigen Platz zu geben, dann hat sich dieser 1.Mai, der Tag der Arbeit, gelohnt.

Rede zur Vernissage der Ausstellung von Christine Neuerburg am 1.Mai 2009

Gesammeltes Staunen

Marianne Jensen

Ausstellungsansicht Poesie der Dinge

„Das Einfache, das schwer zu erfinden ist“ heißt ein Gedichttitel von Hans Magnus Enzensberger, in dem er unseren großartigen Erfindungen das gegenüberstellt, was einfach da ist: Wasser, Löwenzahn, Liebe. Wenn wir das, was einfach da ist, wirklich sehen, dann beginnt unser Staunen, dann werden wir berührt und dankbar, vielleicht auch bescheidener, weil wir den wahren Reichtum entdecken.

Christine Neuerburg sieht mit solchen Augen. Sie schaut genau, sie gibt sich dem Einfachen hin, indem sie es sehr sorgfältig mit farbigem Staub aufs Papier zaubert. Nur wer genau hinschaut, kann so zeichnen. Nur mit größter Geduld und höchstem Aufwand entsteht ein „Traum von Leichtigkeit“.

Ich stelle mir vor, dass im Dialog mit dem Gegenstand die Zeit einen andern Fluss hat, sie fließt langsam, bleibt stehen. Christine Neuerburg schafft aus dem Augenblick Ewigkeit. „Verweile doch, du bist so schön“ sagt sie zum Fenchel, ihre Erdbeeren bleiben frisch, ihr Brötchen knusprig, ihre Küken altern nicht. Sie liebt das, was sie betrachtet und so befreien sich die Dinge aus den Fesseln der Schwerkraft und aus der Zeit.

Ein Naturalien-Kabinett aus dem Reich der Träume öffnet sich auch, wenn wir Christine Neuerburgs Kästen anschauen. Es sind Erinnerungs-Substrate und Vorratskammern der Phantasie zugleich. Sie bannen Alltägliches ebenso wie Kosmisches gleichrangig in einen Raum. Wer oder was von ihr gefunden wird, hat Glück, bekommt einen Platz, wird sorgfältig bewahrt und Teil einer Geschichte, die nicht verloren oder vergessen ist. Auch ihre Schnippeltexte sind poetische, farbige und bilderreich verdichtete Fundstücke. Sie ist eine „Göttin der kleinen Dinge“. „Diese stummen und manchmal unbelebten Kreaturen heben sich mir mit einer solchen Fülle, einer solchen Gegenwart der Liebe entgegen, daß mein beglücktesAuge auch ringsum auf keinen toten Fleck zu fallen vermag. Es erscheint mir alles, was es gibt, alles, dessen ich mich entsinne, alles, was meine verworrensten Gedanken berühren, etwas zu sein. Auch die eigene Schwere, die sonstige Dumpfheit meines Hirnes erscheint mir als etwas; ich fühle ein entzückendes, schlechthin unendliches Widerspiel in mir und um mich, und es gibt unter den gegeneinander spielenden Materien keine, in die ich nicht hinüberzufließen vermöchte. Es ist mir dann, als bestünde mein Körper aus lauter Chiffren, die mir alles aufschließen. Oder als könnten wir in ein neues, ahnungsvolles Verhältnis zum ganzen Dasein treten, wenn wir anfingen, mit dem Herzen zu denken“… lässt Hugo von Hofmannsthal seinen Lord Chandos sagen. Dieser Text kam mir in den Sinn, als ich Christines Arbeiten sah – und es lässt sich nicht besser ausdrücken, wozu sie uns einladen.

Katalogvorwort zur Ausstellung „Poesie der Dinge”

Wolken, Frösche und andere Erscheinungen

Christine Neuerburg

Ausstellung Ballhaus

Liebe Freunde, liebe Gäste, liebe Neugierige!

Herzlich begrüße ich euch alle zu meiner Ausstellung „Wolken, Frösche und andere Erscheinungen” hier im Ballhaus!

Schön dass ihr gekommen seid!

Das Wetter passt gut zu meinem Thema „Wolken”. Seit Tagen hängen sie tief über der Stadt. Und ich glaube, auch die Frösche atmen auf! Nach dem heißen und trockenenen April endlich wieder schönes nasses „Frosch-Wetter”.

Apropos Frösche!

Jetzt will ich Euch zunächst erzählen, wie ich auf die Idee mit den Fröschen kam! Vielleicht wisst Ihr, dass ich seit vielen Jahren - neben meiner Malerei - Figuren aus Pappmache, meist kleine Vögel, herstelle. Immer schon wollte ich größere Figuren machen!

Und wo gibt es richtig große Figuren aus Pappmache? Natürlich im Karneval! So habe ich beim hiesigen Wagenbaukünstler Jaques Tilly vor einigen Jahren meinen ersten Kurs belegt. Dort habe ich gelernt, die Figuren mit Maschendraht vorzuformen und dann mit dünnen Papierlagen zu kaschieren.

Das absolute Highlight war die Teilnahme am Kurs der berühmten italienischen Wagenbauerin Federica Lucchesi im Frühjahr lezten Jahres. Sie zeigte uns, wie man riesige Figuren - ohne Maschendraht oder Styropor - herstellt. Zuerst wird die Figur in Ton vorgeformt. Mit Gips entstehen dann negativformen, in die das Kaschierpapier in mehreren Schichten eingelegt wird. Die Einzelteile werden anschließend zusammengefügt, bemalt, beklebt etc.

So entstehen ziemlich feste, aber ganz leichte Figuren.

(Trotz Eurer Neugier, selber einmal einen Frosch aus diesem Material anzufassen und die Rückseite zu sehen, bitte ich Euch, die Exponate nicht zu berühren! Höchstens gemeinsam mit mir!)

Und warum nun ausgerechnet Frösche? Ganz einfach, ich finde Frösche wunderbar, märchenhaft und geheimnisvoll!

Was sind meine Assoziationen zum Thema Frosch? Natürlich die Geschichte vom Froschkönig! Und im Lexikon der Symbole lese ich über ihn: „Als einer der aus dem Wasser steigt, bedeutet er Erneuerung des Lebens und Auferstehung”.

Im Märchen ist der Frosch ja zunächst etwas Unliebsames... Meine persönliche Gedanken dazu sind: Wenn es mir gelingt, meine „Froschanteile”, sprich Schattenseiten zu umarmen oder anzunehmen, dann erst können sie sich verwandeln. Und das hat mich dazu animiert, den Frosch in sehr verschiedenen Erscheinungsformen zu gestalten.

Und so ist es nicht verweunderlich, dass Frösche auch in meinen Bildern auftauchen.

Zu den Bildern will ich nicht so viel sagen. Für diejenigen die meine Bilder heute zum ersten Mal sehen, einige wenige Erläuterungen zur Technik: Ich verwende für meine Bilder farbige weiche Pastellkreiden auf getöntem Papier. Das ermöglicht mir die pudrige Farbigkeit der Gegenstände. Themastisch faszinieren und begeistern mich nach wie vor Alltagsgegenstände wie Obst und Gemüse. Aber seit einiger Zeit reizt es mich zunehmend, die Gegenstände in Landschaften erscheinen zu lassen. Oder ich male Landschaften (meist das Meer) und es erscheinen Gestalten und Gegenstände!

So sind in letzter Zeit Bilder einstanden, die Geschichten erzählen, Sehnsüchte wecken, an Träume erinnern.

Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich mich ganz herzlich bei meiner Familie bedanken, die mich so tatkräftig unterstützt hat und meine wachsende Nervosität mit Gleichmut und Humor ertragen hat!

Und nun wünsche ich Euch und uns viel Spaß in der Ausstellung!

Vielen Dank!

 

Rede zur Eröffnung der Ausstellung Wolken, Frösche und andere Erscheinungen im Ballhaus im Nordpark, 2007